Mein Jahr an der BJ No. 80

    BJ80 Campus

    Grundsätzliches

    Die “No.80” wurde 1956 gegründet. Für normale Chinesen ist es eine der besten Schulen der Stadt. Um auf diese Schule zu kommen, braucht man eine sehr hohe Punktzahl in einer Prüfung, die am Ende der 9.Klasse stattfindet. 2011 feierte die Schule ihr 55 jähriges Jubiläum gleichzeitig mit dem 90. Jahrestag der Gründung der Partei.
    Die Schule ist einer der wenigen Schulen Beijings, an der es einen sogenannten “Internationalen Part” gibt, durch welchen auch Ausländer in China höherwertige Bildung erhalten können.

    Gebäude und Ausstattung

    Auf dem Schulhof stehen eine Vielzahl von Gebäuden. Zum einen wären da die “Instruction Hall 教学楼”, wo normale Chinesen (und auch Ich) Unterricht haben, der “Multi-Complex “实验楼*”, in welchem die “Ausländer” Unterricht erhalten und sich auch die Fachräume der naturwissenschaftlichen Fächer sich befinden.
    * = Die englische Übersetzung trifft die chinesische Bedeutung nicht ganz.

    Zum anderen wären da noch die Bücherei “图书馆”, das Verwaltungsgebäude “办公楼”, ein Kiosk “服务中心”, eine Krankenstation “医务室”. Oben auf Bild 2 ist auch noch das Audimax “大礼堂”, innen auch mit Theaterbühne. Eine Art Rezeption, in dem sich Gäste der Schule melden und empfangen werden “报告厅”. Nicht zu vergessen sind außerdem Kantine “餐厅”, das Jungen- und Mädchenwohnhaus “学生公寓”, Turnhalle “体育馆”, Sportplatz “操场”,Schwimmbad “游泳池” und last but not least das Kunstgebäude “艺术楼”.

    Mit einer Vielzahl von Computerräumen ist die Schule auch technisch auf dem neusten Stand. Es gibt sogar einen Extraraum nur mit Apple-Computern. Die Bücherei verfügt über eine große Menge Bücher über allerlei Dinge.

    Leben im Internat

    Das Leben im Internat ist relativ komfortabel und hat gegenüber dem Leben auswärts einige Vorteile, aber natürlich auch gravierende (für mich aber kaum relevante) Nachteile. Ein eindeutiger Vorteil ist, dass man direkt an der Schule wohnt, man braucht nicht noch früher aufzustehen! Man muss auch nicht selber putzen oder selber seine Wäsche machen, das übernehmen eigens dafür vorgesehene “Lehrerinnen”. Diese “Lehrerinnen” sind auch für die schriftliche Ausgangserlaubnis zuständig, “出门条”, um die man sie bitten muss wenn man die Schule verlassen will. Ein eindeutiger Nachteil ist jedoch die äußerst begrenzte, unzuverlässige und langsame Internetverbindung des Internats.

    Übrigens und das ist schon gar nicht mehr so überraschend: Im Internat wird die Sauberkeit der Zimmer auch einmal täglich bewertet (während wir Unterricht haben). Das sauberste Zimmer bekommt ebenfalls eine rote Fahne zur Motivation. Bei Übergabe der Fahne erhält man auch noch einige kleine Snacks zum Essen als zusätzliche Motivation.

    Unterricht und Schulveranstaltungen

    Der Unterrichtsstil in China unterscheidet sich dann doch sehr stark vom deutschen. Zum Beispiel gibt es mehr Frontalunterricht, der auch in vielen Fällen wesentlich effektiver ist als der deutsche Unterricht. Die Lehrer in China sind auch schon in der Neuzeit angekommen. Der größte Teil der Stunden wird mit Power-Point Präsentationen gemacht. Die Anwendung von Excel und Grundlagen der Informatik sind auch Standardstoff des Matheunterrichts.

    In diesem Jahr hatte ich Unterricht in 7 Hauptfächern (Chemie, Physik, Mathe, Englisch, Chinesisch, Geschichte und Erdkunde) und 4 Nebenfächern (Informatik, Technik, Kunst und Sport). Biologie und Musik werden selbstverständlich auch unterrichtet aber nicht in dieser Jahrgangsstufe.

    Zu Schulveranstaltungen zählen unter anderem der kommunistische Gesangsliederwettbewerb im kommunistischem Monat Mai, sowie ein einmal halbjährlicher Jahrgangsstufenausflug. Der kommunistische Liederwettbewerb war dieses Jahr besonders “wichtig”, denn nicht nur die Schule feierte ihr 55-jähriges Bestehen, sondern die kommunistische Partei ihren 90. Gründungstag. Im ersten Halbjahr sind wir beispielsweise zum Keramik machen gefahren. Das “Outlet” lag jedoch ziemlich nah an der Schule und garantiert innerhalb der Außenbezirke Beijings, da diese nicht verlassen werden dürfen. Im zweiten Halbjahr sind wir dann in einen Wald gefahren und haben “Pfadfinder” gespielt. Außer diesen eher faden Veranstaltungen organisiert die Schule für den internationalen Part der Schule auch noch andere Veranstaltungen, z.B. Halloween oder Weihnachtsfeiern.

    Allgemein zum chinesischen Bildungssystem

    Das chinesische Bildungssystem hat 4 Glieder: 6 Jahre Grundschule dann 3 Jahre “初中”, eine Art Mittelstufe, dann anschließend 3 Jahre “高中”, eine Art Oberstufe. Am Ende der Oberstufe steht “高考” an, die chinesische Abiturprüfung, die die mit Abstand wichtigste Prüfung im Leben eines jeden Chinesen ist, denn sie entscheidet darüber welche Universitäten der Prüfling später besuchen darf. Das vierte und letzte Glied ist dann die Universität.

    Schulleben

    Das Schulleben an der No.80 unterscheidet sich in vielen Punkten vom normalen Schulalltag eines deutschen Schülers. Nicht nur was die Schuluniform angeht, die durchaus hätte häßlicher ausfallen können, wie die vieler anderer Pekinger Schulen.

    Am besten ich beschriebe einmal meinen Schulalltag. Um 6:10 in der Früh ertönt die Trompete, die mich aus den Federn holt. Ich stehe auf, ziehe mich an wasche mich und ab geht’s zum Frühstück in der Kantine. Um etwa 6:45 befinde ich mich dann bereits im Klassenraum. Meist lehne ich mich bis 7:00 zurück und entspanne mich. Um spätestens 7:15 muss auch der letzte Schüler den Klassenraum betreten haben. Danach beginnt eine 15-minütige Periode, in der man sich auf die erste Stunde vorbereiten soll “早自习”. Dann beginnt die erste Stunde. Eine Schulstunde dauert hier 40 Minuten.

    Im Sommer geht es nach der ersten Stunde zum Frühsport, im Winter nach der dritten. Montags wird nur die Flagge vor den Augen aller Schüler gehisst und die Nationalhymne gesungen. Nach dem Abschluss der sogenannten “Fahnenzeremonie” “升旗仪式”,hält jede Woche ein anderer Schüler eine Rede zu einem aktuellen Thema. Dieser Schüler kommt aus der Klasse, die die Flagge tragen und hissen müssen.
    Ist der Schüler nach seinem minutenlangen Vortrag dann fertig, so redet eine Art s

    tellvertretender Direktor vor den Schülern. Es geht unter anderem um die Sauberkeit in den Klassen. Die Klassensprecher der saubersten Klassen erhalten eine rote Fahne “卫生流动红旗”, die sie motivieren sollen ihren Klassenraum auch weiterhin sauber zu halten. Die saubersten Klassen werden durch 4mal-tägliche Kontrolle ermittelt.
    Hat der Direktor dann zu Ende geredet, so sind die für den gesamten Prozess vorgesehenen 30 Minuten auch schon beinahe rum. Nun geht auf Kommando des Sportlehrers zu einem vorgesehenen Platz. Jetzt verlassen die Schüler, wieder auf Kommando des Sportlehrers, in bestimmter Reihenfolge den Sportplatz.

    An den anderen 4 Tagen der Schulwoche geht es zwar auch auf den Sportplatz, aber statt der “Fahnenzeremonie” erwartet uns kleine Tanzeinalge (d.h. wir tanzen). Aber bevor das Ganze losgeht, muss natürlich erst die Disziplin der Schüler gewährleistet sein. Schon beim Hineingehen ertönt aus den Lautsprechern der Radetzky-Marsch. Wehe man kommt nicht zu rechten Zeit. Es kann dann sein, dass man die ganze halbe Stunde laufen oder Liegestütze machen muss. Ganz zu schweigen davon, dass man vor der ganzen Schule von seinem Sportlehrer angeschrien wird. Zum Glück bin ich als einziger Schüler meiner Klasse noch nie irgendwohin zu spät gekommen. Bevor es dann losgeht schreit der Lehrer noch: “以高二一班为基准两臂侧平举, 向中看齐!” (Was soviel heißt wie: “Streckt eure Arme seitlich und gerade aus und schaut auf die Klasse 1 Stufe 11!”) Wenn der Lehrer zufrieden ist, kann es los gehen, ansonsten machen wir das Ganze solange, bis der Lehrer zufrieden ist.

    bj80_09
    Naja und dann muss man die Gymnastik mit romantischen Namen wie “舞动青春” “Tanz der Jugend”, oder “放飞理想” “Flug der Ideale”. Die beiden Sets bestehen aus je 8 Übungen, die aus jeweils bis zu 8×8 Einzelbewegungen bestehen. Am Anfang war es zugegebenermaßen schwierig, die ganzen Bewegungen zu behalten. Nach einer Weile beherrscht man diese jedoch ganz gut. Nach der Gymnastik geht es mal wieder in die “Abrückformation” und anschließend darf man dann zurück in den Klassenraum.

    Nach weiteren Stunden bis zum Mittag, gibt es von 12:05-13:30 eine Mittagspause. Bis jetzt sind 5 Schulstunden rum. Normalerweise gehe ich erst mal in der Kantine etwas essen. Um etwa 12:30 gehe ich dann zurück auf mein Zimmer im Internat. Dort ruhe ich mich bis 13:15 aus und gehe dann wieder zurück in den Unterricht. Ich muss darauf achten, dass ich vor 13:20 zurück im Klassenzimmer bin, denn so sonst wird eine Verspätung notiert. 13:30 beginnt dann die 6.Stunde. So verrinnt die Zeit, bis um 16:45 die 9.Stunde vorbei ist. Jetzt habe ich bis 18:00 Zeit mir was zu essen zu kaufen, denn um 18:30 beginnt “晚自习”. “晚自习” bedeutet soviel wie Selbststudium am Abend (unter Aufsicht). Spielgeräte mitzubringen ist verboten. Um 21:20 kann ich dann zurück ins Internat.

    Von 21:20-22:10 kann man tun was man möchte. Um 22:10 ertönt dann wieder eine Trompete, die signalisiert, dass man schlafen gehen soll. In den unteren 5 Stockwerken fällt dann augenblicklich der Strom aus. Ich wohne zum Glück im 6. Stockwerk, wo der Strom erst um 23:30 ausfällt.

    Leave a Reply

    Your email address will not be published. Required fields are marked *

    Prove, that you are human! *